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Kapstadt- Deklaration zu Seelsorge und Beratung als Mission

16 Mai 2012

Die folgende Erklärung erwuchs aus Gesprächen unter besorgten Kollegen aus verschiedenen Ländern, Sprachen und Generationen in der Themengruppe “Seelsorge und Beratung als Mission” beim Dritten Internationalen Lausanner Kongress, der vom 16. – 25. Oktober 2010 in Kapstadt, Südafrika stattfand. Unsere Hoffnung ist, dass diese Erklärung die Gespräche unter Ärzten und Erziehern befördern und zu mehr Engagement gegenüber den großen Nöten weltweit führen wird. Wir laden Sie zur Beteiligung an diesem Dialog ein.

Einführung 

Wir leben in einer Welt von beispiellosem Leiden und Zerrissenheit. Diese menschlichen Gegebenheiten beinhalten verschiedene Arten und Ebenen sozialen und psychologischen Leidens, die oft verharmlost, verleugnet oder – weil sie die Fähigkeit der jeweiligen Menschen übersteigt, zur rechten Zeit damit umzugehen – unbehandelt bleiben oder zusammenhangslos behandelt werden. Wir glauben, dass diese Auslassungen sowohl ungerecht als auch kostspielig für Einzelne und Gesellschaften sind. Faktisch gibt es keine vollständige Gesundheit ohne physische, gemeinschaftliche und psychologische Gesundheit. 

Zugleich gibt es in vielen Ländern eine Knappheit an Ressourcen und Training , um Veränderung in Gang zu setzen, verglichen mit dem reichen Westen. Um eine spezifische Maßnahme als Beispiel zu nennen, hält die WHO Statistik fest, dass professionelles Pflegepersonal pro Kopf im Bereich seelischer Gesundheit in manchen Regionen der Welt 250 mal mehr vorhanden ist als in anderen. Es ist ein Muss, dass wir auf diese Nöte reagieren in Übereinstimmung mit unserer christlichen Verpflichtung und auf kulturell sensible, ganzheitliche, systemische und gemeinschaftliche Weise in unseren Ansätzen. 

Unsere Hoffnung ist, dass uns diese Erklärung zur Schaffung eines neuen Paradigmas führt über das gemeinsame Lernen, Ermächtigen und Trainieren von Fach- und Laienpersonal für seelische Gesundheit sowie Pastoren weltweit, die folgenden vier Dimensionen umfassend: 

Christliche Dimension 

  1. Wir glauben, dass wahre Heilung die Versöhnung durch Christus mit Gott, sich selbst, dem Nächsten, dem Feind und der Schöpfung beinhaltet. 
  2. Gesundheit, Heilung, Wiederherstellung, Frieden, Freiheit, Harmonie und Freude sind Gaben Gottes, die sich im Leben, im Tod und der Auferstehung Christi widerspiegeln und durch den Heiligen Geist ermöglicht, geschenkt werden. 
  3. Als Teil der weltweiten christlichen Kirche ist es unser Bestreben, Jesus zu folgen und allen Menschen zu dienen, so dass sie in jeder Weise wachsen können, einschließlich im seelischen und geistlichen Bereich. 
  4. Als Christen glauben wir, dass wir zum Gebet und zur Arbeit berufen sind, um Gottes Ziele zu verwirklichen. 
  5. Wir halten es für biblische Gerechtigkeit, dass Ressourcen und Initiativen, die grundlegende menschliche Bedürfnisse abdecken und seelische Gesundheit gewährleisten, gefördert, gepflegt und auf der ganzen Erde gerecht verteilt werden sollten. 
  6. Die authentische christliche Perspektive auf die Psychologie beruft uns zur Nächstenliebe und dem Suchen nach Gerechtigkeit und Versöhnung in unserer Anwaltschaftsarbeit, unserer täglichen Praxis, in Lehre und Forschung. 
  7. Aus unserer Sicht ist kein Gebiet in Wissenschaft, Gesellschaft oder Kultur perfekt oder neutral. Es ist essentiell wichtig, die impliziten Ethiken, Formen von Macht und/oder Unterdrückung, die darin eingebettet sein können, zu erkennen, zu bewerten und darauf zu reagieren.

Ganzheitlich und Systemisch

  1. Gottes Schöpfung reflektiert ein Design ineinander verflochtener Systeme. Deshalb sind wir einem globalen Verständnis der ganzen Person/ des ganzen Systems verpflichtet im Kontext von Leiden und Gesundheit. 
  2. Wir erkennen die Existenz des Bösen in der Welt, das sich in verschiedener Weise manifestieren kann in persönlicher Sünde, dem Bösen in der Natur, bösen Geistern und Mächten und dem Bösen in der Gesellschaft. Die Konsequenzen daraus können über Generationen andauern. Außerdem glauben wir, dass menschliche Gebrochenheit/Pathologie komplex ist und in systemisch strukturellem Bösen, geistlichen Konflikten und persönlichen Entscheidungen wurzelt und biologischen, psychologischen und sozialen Einflüssen unterliegt. Wir erkennen den Bedarf der weiteren Forschung auf diesem Gebiet durch Gelehrte und Ärzte aus den Bereichen Theologie, Seelsorge, Medizin und Sozialwissenschaften etc. und aus verschiedenen kulturellen Perspektiven. 
  3. Pathologie, Spiritualität, Behandlung und Heilung müssen aus individueller und kollektiver Perspektive verstanden werden. 
  4. Obwohl die westliche Betonung des Individuums ihren Platz hat in bestimmten Umgebungen, glauben wir, dass dies manchmal gemeinsame Anstrengungen unterminiert und deshalb ermutigen wir zu ganzheitlichen und systemischen Ansätzen. 
  5. Vorbeugung und Vermeidung von bio-psycho-sozial-geistigem Stress und die Förderung des Wohlbefindens für die Person und die Gemeinschaft ist unsere oberste Priorität 
  6. Außerdem geben wir den Verletzlichsten in der Gesellschaft den Vorrang, einschließlich der Armen und Unterversorgten und derer, die ihnen aufopferungsbereit dienen.

Indigen/Einheimisch/Eingeboren

  1. Wir glauben, dass die Erschaffung der verschiedenen Kulturen der Welt eine Gabe Gottes an die Menschheit in der Schöpfung ist. Eine grundlegende Aufgabe für einheimische christliche Heiler ist zu erkennen und dort mitzuarbeiten, wo Gott schon am Wirken ist in der jeweiligen Kultur.
  2. Wir glauben, dass es wichtig ist, diejenigen indigenen Rituale, Praktiken und Geschichten einer Kultur als einen wertvollen Teil des Heilungsprozesses zu ehren, die konsistent sind mit der lokalen einheimischen biblisch christlichen Theologie. Also sollte die globale Gemeinschaft: 

a. Einen Blick dafür haben, mit der lokalen Gemeinschaft in Beziehung zu treten und von ihr zu lernen. 

b. Den Mut haben, kulturell angemessene und biblisch kongruente psychologische Perspektiven, Theorien, Modelle und Ressourcen zu entwickeln. 

c. In die Lage versetzt werden, Ausbildungszentren aufzubauen und 

d. eingeladen werden, am weltweiten Austausch ihres Wissens und ihrer Erfahrung zu partizipieren.

3. Wir stellen fest, dass die westliche Psychologie weithin und weltweit als Konzept, den Menschen zu verstehen, an vielen Institutionen, die Psychologie und Seelsorge lehren, adoptiert worden ist. Weil wir jedoch der Überzeugung sind, dass Gott in Seiner Heilungskraft in jeder Gesellschaft gegenwärtig ist, ermutigen wir zu einem Prozess, der ein lokales indigenes Verständnis der Person und Gemeinschaft ebenso wertschätzt und einbezieht. 

4. Daher versuchen wir, integrierende (ganzheitliche) Konzepte von Psychologie und Psychotherapie zu entwickeln, die indigene christliche Modelle darüber wie der Mensch funktioniert, seine Ganzheit und Resilienz, anwenden und auswerten. Diese entnehmen wir selektiv und sensibel aus den Einsichten aller Psychologien der ganzen Welt.

Gemeinschaftlich

  1. Wir sind dem Gedanken der weltweiten gegenseitigen Ermächtigung und des gemeinsamen Lernens verpflichtet unter all denen, die Menschen helfen, einschließlich der Fachleute für seelische Gesundheit, Erzieher, Lehrer, Sozialarbeiter, Laien und Pastoren. 
  2. Wir glauben, dass die Reise zur Ganzheit eine collaborative Beziehung ist, in der sowohl Helfer als auch die Person/Gemeinschaft, die Hilfe braucht, verwandelt werden. 
  3. Wir respektieren, dass lokale Forscher, Leiter und die Gemeinden vor Ort letzten Endes den Zweck der Forschung, ihre Methode der Datenerhebung und die Art wie psychologische Forschungsergebnisse verwendet werden, selbst bestimmen sollten. 
  4. Wir erkennen und versuchen partnerschaftlich zu reagieren auf den dringenden Bedarf akademischer Ausbildung für qualifizierte Personen, die aber keinen Zugang zu solchen Programmen erlangen können.

Eine Einladung zum Gespräch

Wir laden Sie ein, Ihre Reaktion auf diese Erklärung auf folgender Webseite zu ‘posten’: www.careandcounselasmission.org. Wir hoffen, ein globales Gespräch zu diesem wichtigen Thema zu stimulieren. Wir glauben, dass das bedeutende Auswirkungen auf die Art unserer Arbeit der christlichen Seelsorge und Beratung haben wird und auch wie wir andere ausbilden. Diese Erklärung darf kopiert, verteilt und zitiert werden mit entsprechender Quellenangabe.

Weitere Informationen erhalten Sie bei: Bradford M. Smith, Vorsitzender “Care and Counsel as Mission Initiative” at 

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